Dienstag, 13. Dezember 2016

Nostalgie: Meine liebsten Weihnachtsbücher


Ich liebe Weihnachten. Weihnachten macht mich nahezu kitschresistent, ich höre freiwillig "Last Christmas", kaufe schon ab April Weihnachtsgeschenke und ab September Lebkuchen. In diesem Jahr hab ich herausgefunden, dass meine Lieblingsszene im Film "Wunder von Manhattan" (1994), in der der Weihnachtsmann mit einem tauben Mädchen in Gebärdensprache redet, "echt" ist. Die junge Schauspielerin ist wirklich taub und niemand hatte ihr verraten, was Richard Attenborough tun würde. Die Freude ist also hundertprozent authentisch und seither kriege ich erst recht feuchte Augen, wenn ich das sehe.

Und dann gibt es die Bücher, die ich jedes Jahr wieder lese im Advent. Weil mich das Thema Lesen und Vorlesen immer wieder beschäftigt hat in den vergangenen Wochen, möchte ich diese Weihnachtsausgabe meines Blogs dafür nutzen, ein paar davon vorzustellen:

"Weihnachten aus aller Welt" (mittlerweile neu aufgelegt) beispielsweise war ein Heftchen, ein Adventskalender, der für jeden Tag eine Geschichte über Weihnachtstraditionen in Italien, Sri Lanka, Australien, Norwegen etc. bereit hielt, zusammen mit Bastelanleitungen für Musikinstrumente, Rezepte, Gedichte. Am Heiligabend geht es natürlich nach Bethlehem in die Geburtskirche, die nicht wirklich so aussieht, wie man sie sich als Kind vorgestellt hat. Ein wundervoller Blick über den Tellerrand!

Mit Abstand lesen sich die "Weihnachtsgeschichten" von Lise Gast zu fromm für meinen  Geschmack. Aber ich verstehe, dass ihr der Glaube Halt gegeben hat in der schweren Zeit, als Witwe und Mutter einer Bande Kinder am Ende des Zweiten Weltkrieges aus der Heimat vertrieben zu werden. In diesem Buch wird mein Traumhaus beschrieben (das ehemalige Forsthaus mit Stall in "Der kleine Ausreißer"), jede Geschichte strahlt Herzensgüte aus. Beeindruckt hat mich auch die Erklärung, warum Gott Kinder mit Behinderung auf die Erde schickt: um Liebe zu erzeugen, Beschützenwollen. Ob man nun dran glaubt oder nicht - mein Vater hat als Lehrer an einer integrierten Gesamtschule selbst erlebt, wie bereichernd diese Kinder für eine Klasse sind.

"Wenn Weihnachten kommt" ist eine der besten Zusammenstellungen von Geschichten, die ich kenne, auch wenn Christine Nöstlinger eine geliefert hat, die ich niemals wieder lesen möchte und immer überblättere, weil sie zu viel harte Erkenntnis beinhaltet. Viele Geschichten haben einen ernsten Hintergrund, den Erwachsene noch besser begreifen als Kinder, vor allem Armut, fremd sein und ein Außenseiter, werden thematisiert. Aber immer kindgerecht. Hier bin ich auch zum ersten Mal auf "Hilfe, die Herdmanns kommen" gestoßen. Das Kapitel, wie sie die Darstellung der Geburt Jesu in der Bibel in Frage stellen ("Sie meinen, sie banden es zusammen und steckten es in eine Futterkiste? Wo bliebt denn da die Jugendfürsorge"), das ich als "Kurzgeschichte" kennenlernte, ist immer noch der Höhepunkt des ganzen Romans für mich.

"Hinter verzauberten Fenstern" ist ein relativ unbekanntes Buch von Cornelia Funke und ein Fund, den ich erst als Erwachsene gemacht habe - aber es ist gleich in die Reihen meiner Klassiker aufgestiegen. Ich habe schon früh als Kind von meinen Eltern einen Bilderadventskalender erbeten, weil die mit Schokolade muffig und langweilig waren. Zu den Bildern konnte man sich dagegen Geschichten ausdenken - und genau das hat Cornelia Funke hier getan. Seit ich sie bei einer Schreibnacht als Stargast kennengelernt habe, mag ich die Frau noch mehr.

Wer mich kennt, hat vielleicht schon bei dem Foto oben gestutzt: Was macht Wolfgang Hohlbein da? Tatsächlich komme ich mit einem der erfolgreichsten deutschen Fantasyautoren überhaupt nicht klar. Ich kann auch nicht behaupten, dass "Saint Nick. Der Tag, an dem der Weihnachtsmann durchdrehte" ein gutes Buch ist. Es steckt voller Klischees und das Ende ist heillos überzogen. Aber es ist eine Guilty Pleasure von mir. Dass sich der Weihnachtsmann selbst vom Kommerz anstecken lässt und seine Magie wiederfinden muss, finde ich eine spannende Idee.

Aber tausendmal lieber ist mir am Ende trotzdem ein anderer Weihnachtsmann: der, der den Tolkien-Kindern 23 Jahre lang Briefe geschrieben hat. Ja, das war nie als Buch geplant, aber ich bin den Nachkommen von J.R.R. Tolkien sehr dankbar, dass sie diese Schätze mit uns teilen. Die "Briefe vom Weihnachtsmann" kamen mir zuerst in einer winzigen, gekürzten Ausgabe unter, doch da ist mir die Liebe zum Detail aufgefallen: die zittrige Handschriftprobe, weil der Weihnachtsmann so viel friert und Stress hat am Nordpol, die selbstgezeichneten Bilder und die Kommentare, die der Nordpolarbär dazwischen kritzelt. Ich habe sogar ein Kuscheltier nach diesem tollpatschigen Helfer benannt. Später habe ich sie mir natürlich in (vollständiger) englischer Ausgabe gekauft, um Tolkiens Sprache im Original zu genießen.

Und natürlich fallen mir jetzt noch mehr ein: "A Christmas Carol" von Charles Dickens, das mir selbst die tausend Filmadaptionen nicht vermiesen konnten, eher im Gegenteil. Und nicht zu vergessen: die Weihnachtskapitel in so ziemlich allen Astrid Lindgren-Büchern. Ob Madita oder Die Kinder von Bullerbü - da steckt für jede Jahreszeit was drin. Aber die Weihnachtskapitel sind besonders herrlich. Und kritisch! Wie selbstverständlich Astrid Lindgren einfließen lässt, wie die armen Nachbarn von Madita versuchen, ein wenig Weihnachtsstimmung aufkommen zu lassen, ist genial. Frohe Weihnachten euch allen. Ich hoffe, ihr bekommt viel guten Lesestoff geschenkt!

Montag, 21. November 2016

#Vorlesetag: Feuer, Frost, Verrat

Am Freitag habe ich eine großartige Stunde in der Grundschule am Waldrand verbracht und einer vierten Klasse den "Drachenreiter" vorgelesen, mein persönliches Lieblingsbuch von Cornelia Funke. Vorlesen ist großartig, meine ganze Kindheit lang haben unsere Eltern jeden Abend vor dem Schlafengehen für meine Schwester und mich ein Buch ausgepackt. Ich hab mich schon mehr als einmal darüber beschwert, dass sie damit aufgehört haben, sobald wir selbst lesen konnten. Ich finde es schön, vorzulesen und vorgelesen zu bekommen, das ist noch einmal eine ganz eigene Kunstform. Auch wenn ich vor Aufregung fast gestorben bin, war es vor einem Jahr ein ganz spezielles Erlebnis für mich, erstmals mein eigenes Werk mit einem Publikum zu teilen. Und ich freue mich unglaublich darauf, das 2017 mit meinem ersten Roman tun zu können.

Drei Tage ist der bundesdeutsche Vorlesetag jetzt her, aber das ist mir egal. Ich möchte euch trotzdem was vorlesen. (Und das hat gaaaaaaar nichts damit zu tun, dass ich zwei Tage gebraucht hab, um die richtige Aufnahmevariante herauszufinden und ein Videoschnittprogramm, #menschlichesstörfeld) Zur Übung hab ich eine meiner eigenen Kurzgeschichten rausgesucht, die vergangenes Weihnachten online bei Literra erschienen ist. Die Aufgabe war, zu dem Bild der Künstlerin eine Idee zu entwickeln. Der zündende Auslöser war ein Missverständnis: Ich hielt den schlafenden Drachen, der das Logo von Gaby Hylla ist, für einen Teil des Bildes - und schon war "Feuer, Frost, Verrat" geboren. Übrigens: Das Holzdruck hinter mir an der Wand zeigt Odin mit seinen beiden Raben Hugin und Munin sowie den Wölfen Geri und Freki. Letztere spielen in einer anderen Kurzgeschichte von mir eine Rolle, die in der Anthologie "Der Winterwolf" erschien - für alle, die noch ein Weihnachtsgeschenk suchen.

Jetzt aber genug Werbung, ich wünsch euch viel Spaß beim Zuhören! (Aus technischen *hust* Gründen in fünf Abschnitte geteilt.)









Mittwoch, 9. November 2016

Präsident #Trump - die Sonne geht trotzdem auf

Ich habe vorletzte Nacht geträumt, ich wäre mit einem Fernsehteam unterwegs. Das passiert mir manchmal, dass ich im Schlaf journalistisch arbeite. Meistens geht was schief: Eine Gruppe will sich nicht zum Foto aufstellen, ein Interviewpartner gibt nur nichtssagende Antworten. Es ist frustrierend und gibt mir das Gefühl, gar nicht geschlafen zu haben. In diesem Traum war ich bei Donald Trump zu Hause, um eine Homestory zu machen. In einer Pause beim Umziehen sagte ich zu meiner Schwester, die aus irgendeinem Grund dabei war, wie widerlich ich diesen Menschen finde. Und plötzlich war es Trumps Tochter, mit der ich sprach, und die meinte: "Wie können Sie sowas sagen? Er ist mein Vater!" Sie verteidigte nicht, was er tat oder sagte, nur: Er ist mein Vater. Ja, auch Trump hat sicher Leute, die ihn ehrlich lieben und ihm viel verzeihen können, wie jeder von uns.

Offenbar hab ich eindeutig zu viele amerikanische Late Night Shows auf Youtube geschaut in letzter Zeit, wenn mich das Thema sogar bis in meine Träume verfolgt. John Oliver, der trotzdem immer versucht hat, andere wichtige Themen in den Mittelpunkt zu stellen, die über den Wahlkampfwahnsinn vergessen gehen. Seth Meyers, der immer etwas genauer hinschaute, dem aber manchmal auch die Witze ausgingen. Trevor Noah, der manchmal weniger mit Humor als mit ehrlicher Empörung kommentierte (und von dem ich hoffe, dass er jetzt nicht in den Untergrund abtauchen muss). Und natürlich Saturday Night Live mit einer gruselig treffenden Trump-Performance von Alec Baldwin und einem versöhnlichen Ende.

Als ich heute Morgen noch vom Bett aus auf meinem Smartphone die Ergebnisse las, wollte ich erstmal gar nicht aufstehen. Vier Jahre lang die Decke über den Kopf ziehen, hat auch was Reizvolles. Aber, wie Daniel Kahn singt: "Wenn wir alle nur innerlich emigrieren, wird alles nur zur Hölle gehen." Wie wäre es stattdessen mit wirklicher Emigration? Die Website der kanadischen Regierung, die über Bedingungen zur Einwanderung ins US-Nachbarland informiert, ist schon in der Nacht vor der Masse der Anfragen zusammengebrochen. Kann ich gut verstehen, ich liebe Kanada, das unter ähnlichen Bedingungen startete wie die USA und trotzdem heute erheblich weniger gesellschaftliche Probleme hat.

Muss ich wirklich erklären, warum ich Trump schrecklich finde? Nicht hier in Deutschland, aber anscheinend ist es den Anhängern in seinem Heimatland egal, dass sich der Mann einen Skandal nach dem anderen geleistet hat, von denen jeder einzelne jedem anderen Kandidaten das Genick gebrochen hätte. Traurig-amüsiert war ich darüber, dass im prüden Amerika nach allen rassistischen Kommentaren, absurden Mauerbauplänen und Steuertricks erst seine abwertende Art, über Frauen zu reden und sie sexuell zu belästigen für einen größeren Aufschrei gesorgt hat.

Aber nicht groß genug - und wir stehen da und fragen uns fassungslos: Wie kann man so wählen? Offenbar zählen Argumente nicht. Nicht der gesunde Menschenverstand, nicht Realismus. Trump bedient diffuse Ängste und liefert scheinbar einfache Antworten. Wer da einen historischen Vergleich zieht, gerät natürlich in die Schusslinie. Ich setze ja ein wenig darauf, dass der angeblich mächtigste Mann der Welt eben nicht besonders mächtig ist, sondern von einer Riege grauer Herren in Washington gelenkt wird. Hoffen, diesmal: Wer Obamas große Pläne vereitelt hat, kann diesmal Trumps Finger vom Knöpfchen halten. Denn, wie der Mann, der seit heute keinen Job mehr hat, sagte, nachdem Trumps Beraterteam in den letzten Tagen den Twitteraccount sperrte: "If somebody can’t handle a Twitter account, they can’t handle the nuclear codes."

"Liebe AfDler, kommt doch einfach in die USA, denn hier habt ihr ganz viele tolle Freunde - wenn man euch reinlässt", verkündet Böhmermann-Kollege Ralf Kabelka. Ja, wir haben schon längst solche Wutbürger wie die, die Trump gerade zum Präsidenten gemacht haben, in unseren Parlamenten. "Das Problem ist nicht der Präsident, sondern die Leute, die ihn gewählt haben", sagte heute Morgen eine Freundin zu mir. Also geht alles den Bach runter? Ich zitiere den Tweet einer weiteren Freundin: "Es gibt solche Tage, da muss man tief durchatmen und dann weiter Kultur schaffen, die freundlich und menschlich ist." Mehr gibt es nicht hinzuzufügen.

Montag, 24. Oktober 2016

BuCon statt #fbm: Klein, aber fein

Hier ist auch Messe, es sieht nur keiner
Am Frankfurter Hauptbahnhof kommen erstmal ein paar Cosplayer an mir vorbei, ich bin nicht sicher, ob das Hasenohren oder außerirdische Antennen sein sollen, die sie auf dem Kopf haben. Das Rätsel kann ich jetzt nicht lösen, denn sie drängen in die entgegengesetzte Richtung, zur Frankfurter Buchmesse, während ich mit S-Bahn und Regionalzug den fast einsamen Weg nach Dreieich-Sprendlingen antrete. Hier findet am Samstag parallel die BuCon statt. Noch nie gehört? Es gibt sie seit 31 Jahren und hier wird regelmäßig der Deutsche Phantastik Preis verliehen.


Am Ziel spaziere ich vom menschenleeren Bahnsteig durch den vermatschten Park zum Bürgerhaus - und fühle mich sofort wohl: Einen kleinen Saal gibt es, halb zugestellt mit Ständen, die andere Hälfte bietet Platz für Tische zum Essen und Plauschen. Ich bin, muss ich zu meiner Schande gestehen, noch nie auf der FBM gewesen, nicht mal, als ich noch in Hessen wohnte und die Schülerzeitung meines Vaters regelmäßig dort Preise für die beste Schülerzeitung Hessens verliehen bekam. Sie ist mir schlicht zu groß. Ich schaffe ja kaum die Leipziger Messe, ganz davon abgesehen, dass zum Kontakte-Knüpfen in dem Gewühl kaum Gelegenheit ist. Im Gegensatz zur BuCon. Denn hier springt mir als Erstes der Stand meiner Agentur Ashera ins Auge.

Hier bekomme ich mal Gelegenheit, liebe Kollegen (besser) kennenzulernen, wie Annika Dick, die erstmal Leute mit Lesekatzen-Buchboxen glücklich macht. Gabriele Ketterl hat den Tisch passend zu ihren Venezianischen Vampiren mit Fledermaus-Lakritze dekoriert. Ihre Bücher gehören zum Auftakt der Vampir-Reihe bei Fabylon, in der im kommenden Jahr auch meine "Gnackzuuzler" erscheinen sollen. Von wegen, das Genre ist ausgelutscht (pun intended)!

Von Guido Krain höre ich mir eine Lesung aus seiner Space-Opera-Serie an und habe viel zu lachen bei seinem trockenen Humor.

Völlig überrascht bin ich dagegen, Ju wiederzusehen - ich habe sie allein als Filkerin, nicht Autorin abgespeichert, sträflicherweise. Also: Die BuCon ist wunderbar, wenn man Autoren richtig gut kennenlernen möchte - aber es hilft auch, manche schon zu kennen, um einen Anker zu haben. Am Ende, bevor ich wieder zum Zug hetzen muss, bekomme ich von der Trägerin des Deutschen Phantastik Preises 2016, in der Kategorie Bester deutschsprachiger Roman, noch einen Kaffee ausgegeben. Hab ich nicht eine tolle Lektorats-Kollegin? Herzlichen Glückwunsch auch nochmal hier! Feuerjäger habe ich natürlich längst verschlungen. Auch wenn auf den ersten Blick typische Elemente dabei sind - Zwerge in unterirdischen Städten, Gestaltenwandler, Trolle -, schafft es Susanne, diesen Geschichten einen ganz neuen Dreh zu geben. Ganz davon abgesehen, dass es gut tut, mal nicht einem jugendlichen Helden auf dem Weg zum Erwachsenenwerden zu folgen, sondern mit einer gestandenen Kämpferin mitzufiebern, die Zipperlein hat und eine entfremdete Tochter und Traumata vergangener Kriege totsaufen möchte.

Kaffeerösterei in der Limburger Altstadt
Dieser Abstecher zur BuCon war völlig ungeplant und viel zu kurz. Eigentlich war ich nämlich mit meiner Schwester auf Städtetrip - und in Ermangelung des Kleingeldes haben wir den in diesem Jahr einfach in Limburg gemacht, wo sie wohnt. Wann macht man schon mal Sightseeing in der Stadt, neben der man aufgewachsen ist? In der neuen Kaffeerösterei sterben wir den Schokoladentod mit der dortigen Torte, ich hole mir meine Lieblings-Heiße-Schokolade mit Chili im Schokoladenhaus ab, finde am Kornmarkt einen neuen Whiskyhändler, der das perfekte Getränk anbietet:


Besonders schön ist der Nachtspaziergang am Dom entlang (im Dunkeln sieht selbst die Kapelle des Bischofsitzes gegenüber nicht mehr ganz so wie ein Alienschiff aus). Das zeigt mal wieder: Es lohnt sich tatsächlich, sich die Sehenswürdigkeiten vor der eigenen Haustür anzusehen. Dafür muss man nicht warten, bis man wie ich 650 Kilometer weiter weg gezogen ist.
Friedhof am Limburger Dom
Holzschnitzereien in der Altstadt. Die Häuser sind teilweise über 400 Jahre alt

Schräge Deko-Ideen: Wie wäre es mit einem originalgetreuen Dinosaurierskelett für 4200 Euro?

Dienstag, 4. Oktober 2016

Viele Herzen, eine Stimme oder: Die wunderbare Welt des Filk

Einmal komplett eingeräuchert von vier Dampfloks - gut haltbar gemacht fürs Wochenende
Sie stellen Han Solo als US-Präsidentschaftskandidaten auf, geben Reisewarnungen an Aliens, die die Erde besuchen wollen, ehren Anna von Kleve, die vierte Frau von Heinrich VIII., und verwandeln eine Liebes- in eine Zombiegeschichte: Willkommen in der Welt des Filk! Ob historische Figuren, uralte Mythen, moderne Fantasy-Serien und natürlich der Ursprung des Filk, die Science Fiction - alles lässt sich in ein Lied verarbeiten. Wenig überraschend, ist die Szene eng mit der der Rollenspieler verknüpft. Und ich bin jetzt schon zum zweiten Mal ein verlängertes Wochenende ganz in diese Welt abgetaucht.

Bei meiner ersten FilkContinental im vergangenen Jahr kannte ich bis auf die Freundin, die mich dorthin geschleift hatte, keinen Menschen. Ich wusste nicht genau, ob ich dorthin passen würde, da ich keine Liedtexte schrieb, geschweige denn komponierte. Während ich im Foyer herumsaß und auf meine Freundin wartete, nahm mich sofort Gary unter seine Fittiche. Der Amerikaner hat ein ganzes Buch über die Geschichte des Filk geschrieben, führt es auf die frühen Scifi-Conventions der 40er Jahre zurück und sieht Vorläufer in Liedern wie "In my Merry Oldsmobile", in dem Billy Murray 1909 die neue Errungenschaft des Autos besingt. Am ersten Abend im "Circle", im Kreis, wünschte sich Gary prompt ein Lied von mir und zwang mich so, meine Bühnenangst sofort bei den Hörnern zu packen. Natürlich drohte mir meine Stimme zu versagen, doch nach der ersten Strophe fielen die anderen in das Lied ein und trugen mich zu neuen Höhen. Es war ein magischer Moment.
In diesem Jahr (das unter dem Motto 50 Jahre Star Trek stand) wurde ich gleich von allen Seiten mit Umarmungen begrüßt. Im Gepäck hatte ich zwei selbstgedichtete Lieder zu bekannten Melodien: "Ash in the Wind" (aka "Dust in the Wind") über einen Vampir, der in der Sonne Selbstmord begeht, und "The Filk-Gardener", eine Hommage an die lieben Leute, die mir im Jahr davor so viel Mut gemacht hatten. Ausgerechnet mir als Autor und Lektor fällt es schwer, auf Deutsch Lieder zu verfassen, es kommt immer steif und "Reim mich oder ich fress dich" rüber, deshalb flüchte ich mich in die Fremdsprache. Vielleicht, weil ich da ohnehin mehr auf den Klang höre. Ruckzuck hatte ich eine Band zusammen, die mich mit Zweitstimmen, Gitarre und Flöte beim Auftritt begleitete. Und diesmal hab ich den Moment, an dem die Stimme versagen will, alleine überwunden.

"Only for a moment I see the sun again"


Diese Auftritte helfen mir auch, mich für Lesungen vorzubereiten. Ansonsten kann ich immer nur in wortlosem Staunen da sitzen, wenn die anderen Eigenkompositionen vortragen, zwischen fünf Instrumenten hin und her wechseln, spontan Soli und Harmonien für Lieder entwickeln. Über achtzig wahnsinnig kreative Leute sperren sich drei Tage in einer Jugendherberge ein und machen nichts anderes als Singen, musizieren, tanzen und Seminare übers Liederschreiben hören. Nebenbei wird gemalt, gestickt, gestrickt, geschminkt und selbstgemachte Marmeladen versteigert (Birne-Schokolade, heute Morgen getestet - lecker!). Trotzdem sind sie nicht völlig der Welt entrückt. "The Faithful Sidekicks", Ersttäter aus Minnesota, starteten in Reaktion auf den US-Wahlkampf eine Kampagne für Han Solo als Präsident - immerhin hat er die Galaxie gerettet, wer will dagegen argumentieren?

Von purer Wut getrieben war das Lied "Let them pay" einer britischen Sängerin über die Verantwortlichen des "Brexit", die sich nach angerichtetem Chaos verabschiedeten. Ehrengäste Barry & Sally trugen ein ergreifendes Lied vor über verstorbene Freunde, das selbst mir, die keinen davon persönlich kannte, die Tränen in die Augen trieb. Bis auf einen, der uns bei der FilkCon 2015, wohlwissend um seinen unheilbaren Krebs, "I'm not yet dead" skandieren ließ.

Filk ist also keine Realitätsflucht, genauso wenig wie lesen oder Rollenspiel, denn es werden die essentiellen Fragen der Menschheit aufgegriffen: Liebe, Leben, Tod, Veränderung, Verzweiflung und was uns zusammenhält. "Many hearts, one voice" - viele Herzen, eine Stimme - von Steve Macdonald beschreibt dieses wunderbare Gefühl, in der Filkergemeinschaft Gleichgesinnte zu finden, mit denen man ohne Erfolgsdruck kreativ sein kann, gemeinsam lachen und weinen.

Und versagen - denn bei dem Auftritt unserer spontan ausgelosten "Insta-Bands" ließ ich mich zu einem Flötensolo breitschlagen - seit Klarinetten-Zeiten ein kleines Trauma von mir. Als ich es prompt vergeigte (öm... Flöte vergeigen?) und frustriert von der Bühne ging, trösteten mich Jen und Eric: "Es war wunderbar und das passiert jedem Mal. Du hast wieder reingefunden, ist doch gut." Abends bei der Jamsession mit Barry fing ich sogar an zu improvisieren. Am Rande kamen wir im Gespräch zu dem Schluss: Jede Fremdsprache, die wir beherrschen, ist eine neue Art, die Welt zu betrachten, weil sich vieles gar nicht übersetzen lässt und durch die Geschichte und die Weltsicht der Nation geprägt ist. "Wer viele Sprachen spricht, kann gar keine Vorurteile mehr haben", sagte Barry. Ich wette, das gilt auch für Klingonisch.

Donnerstag, 1. September 2016

Berlin oder: Die Leiden von Lektor und Autor

Lustig, wenn einen beim Kotelett-Essen vom Nachbartisch der Hund eines ehemaligen ZDF-Chefs anhimmelt. Gestern war ich mit Freundinnen in Berlins (angeblich) ältesten indischen Restaurant. Der letzte Augusttag war noch warm genug, um draußen auf der Straße zu sitzen, und Nikolaus Brender war nicht der einzige, der den Abend genoss. Nebenan vor dem La Cantina saß der Schauspieler Hannes Jaenicke und diskutierte mehrere Stunden mit seinem Begleiter - vielleicht ein neues Projekt, irgendwie kam mir der Strohhut des anderen bekannt vor, vermutlich ein Regisseur.


Genial oder bescheuert? Schwer zu sagen
In Charlottenburg kommt also die Prominenz zusammen, wenn sie mal etwas Ruhe haben will. Auf der durch S-Bahn-Ausfälle bedingten Odyssee zurück zum Park and Ride Parkplatz Pankow kam ich mit einer Dame ins Gespräch, die zwar in Berlin wohnt, es aber nicht liebt. "Eigentlich ist das keine Stadt, es ist eine Patchworkdecke, und jeder bleibt in seinem Kietz", sagte sie.
Irgendwie sehen diese armen Viecher zutiefst verängstigt aus
Trotzdem ist mir die Stadt mittlerweile etwas ans Herz gewachsen, auch wenn ich mich jedes Mal über die Rückkehr in mein idyllisches Schwedt freue.
PCK und Unteres Odertal - so nah
Besonders wegen des guten Essens und der Programmkinos fahre ich gerne in die Hauptstadt, und natürlich wegen der Drehkreuz-Lage, die es mir erlaubt, Freunde auf Durchreise zu treffen, die ich sonst zu selten sehe.

Der Film, der mich in dieser Woche beeindruckt hat, war "Genius - Tausend Seiten einer Freundschaft" über die Beziehung des amerikanischen Schriftstellers Thomas Wolfe und seinem Lektor Maxwell Perkins. Die amerikanischen Kritiker mögen in dem Film Längen bescheinigen und die Emotionen vermissen, mir ging das überhaupt nicht so. Vielleicht aber auch nur, weil ich die Situation so gut nachfühlen konnte. Von mir aus hätten diese beiden von mir hochgeschätzten Schauspieler noch viel länger miteinander um jeden zu kürzenden Satz streiten können.

Als freie Lektorin habe ich den Vorteil, dass ich "nur" dem Autor und seinen potentiellen Lesern verpflichtet bin und nicht noch Verlagsinteressen oder -programme beachten muss. Aber "Max" hat mir ein paarmal voll aus der Seele gesprochen. Ich kann nur aus dem Kopf zitieren, der Kinostart ist zu frisch, um den genauen Wortlaut online nachzurecherchieren. "Es ist Ihr Buch. Ich bin nur dazu da, um das Beste herauszuholen", ist ein Satz, den ich auch immer wieder sage. Gerade mit ihrem Erstling sind viele Autoren so unsicher und haben gleichzeitig Angst vor Kritik. Und natürlich davor, ihren Stil weggenommen zu bekommen. Dabei bleibt es ihnen am Ende natürlich selbst überlassen, ob meine Kritik sie überzeugt.

"Das ist eine Frage, die uns Lektoren nicht schlafen lässt: Machen wir ein Buch wirklich besser oder nur anders?" Diese Aussage verwendet Thomas Wolf in einer Frustphase später gegen seinen Freund und wirft ihm vor, das Werk verstümmelt zu haben. Es ist immer eine unglaubliche Gratwanderung, aber man muss auch mal hart sagen: Jeder kann mit seinem Stil im Elfenbeinturm vereinsamen, wenn er die Leser damit nur verwirrt und nicht anspricht. Ich finde, der Film ist eine wunderbare Repräsentation, wie viel harte Arbeit von beiden Seiten in einem Buch steckt. "Geschichten sind wie Fundstücke, Fossilien im Boden", sagt Stephen King. "Egal, wie gut Sie sind, egal wieviel Erfahrung Sie besitzen, es wird wahrscheinlich nicht möglich sein, das gesamte Fossil ohne eine einzige Schramme oder Macke freizulegen." Aber gemeinsam haben Autor und Lektor vielleicht größere Chancen.
Die beste aller möglichen Welten

Montag, 1. August 2016

Aus dem Nest geschüttelt

Als ich mit diesem Blog anfing, hatte ich gar nicht vor, zu viel über meine persönlichen Befindlichkeiten zu schreiben. Eigentlich sollte es mehr um Gemeinsamkeiten statt Unterschiede zwischen Ost und West gehen, zwischen Religionen und Ländern, Kleinigkeiten, die mir bei meinen Reisen aufgefallen sind, am besten humorvoll verpackt. Aber in diesem Jahr bin ich zwangsläufig auf mich selbst zurückgeworfen worden und immer noch damit beschäftigt, mein Leben auf die Reihe zu bekommen. Die weiteste Reise, die ich unternommen habe, war an den Sueskanal. Nicht den in Ägypten, sondern bei Lehde im Spreewald, wo ich zur Reha war.


Bitte die Beschilderung beachten
Deshalb hat mein Blog seit Mai geruht. Dabei überschreite ich momentan ständig Grenzen, wenn auch mehr persönlicher und innerer Art. Die Schmerzgrenze hängt zum Glück wieder ein ganzes Eckchen höher, seit ich mich durch das Reha-Programm gequält habe. Der innere Schweinehund wird gerade schwer getreten. Für jeden Tag Sport gibt es halt keine Alternative mehr, wenn ein Stück Bandscheibe fehlt.

Aber so aus dem Nest geschüttelt zu werden, tut auch gut: Man hat Zeit, sich umzusehen und neu zu überlegen. Mir ist aufgefallen - natürlich im Nachhinein -, dass ich schon wieder dabei war, mir mein eigenes Hamsterrad zu basteln, aus dem ich mit der Selbstständigkeit entkommen zu sein glaubte. Ein ganzes Jahr lang fast jeden Tag zwischen acht und zwölf Stunden und länger am Schreibtisch sitzen, um alles in Gang zu bringen - kein Wunder, dass der Rücken irgendwann streikt. "Die Franzosen arbeiten, um zu leben, die Deutschen leben, um zu arbeiten", sagt der Volksmund. Eine Umfrage vom Januar zeigt zwar ein anderes Bild, aber was wir sagen und wie wir uns verhalten, sind oft zwei verschiedene Dinge. Ich habe mit meiner Selbständigkeit einen Schritt in die Richtung Selbstverwirklichung getan, aber alte Gewohnheiten sind schwer abzulegen. Gerade dass ich meine Arbeit so sehr liebe, birgt die Gefahr, dass ich ihr alles andere unterordne. Ich mache keinen Urlaub, ich nehme mir keine freien Wochenenden, ich schalte abends nicht ab. 

Jetzt zwingt mich das Piksen und Ziehen im Rücken dazu, spätestens nach einer Stunde am Schreibtisch eine Pause einzulegen, Gymnastik zu machen, zu laufen, zu schwimmen, radzufahren, mich mal in die Badewanne oder aufs Sofa zu legen. Und auf einmal habe ich eine Balance, die mich am Ende des Tages zufriedener macht. Natürlich schaffe ich auf diese Art nicht mehr das Arbeitspensum von früher. Aber brauche ich das überhaupt? Kann man nicht auf ein wenig Geld verzichten für die Lebensqualität? Mit mehr Pausen bin ich in der Zeit, in der ich am Schreibtisch sitze, dafür umso konzentrierter. Ich erlebe momentan alles viel bewusster, immer wieder aufs Neue erstaunt, dass ich ganz einfache Dinge (einen Stift vom Boden aufheben!) wieder kann, die ein halbes Jahr unmöglich erschienen, und freue mich darüber. 

Und meine Plotbunnys laufen Amok. Den Zusammenhang zwischen Entspannung und Kreativität hat eine Mitarbeiterin des psychologischen Dienstes der Reha-Klinik in einem Vortrag erklärt: Im entspannten Zustand wird die kreative Gehirnhälfte richtig munter. Das lässt sich sogar nachweisen, wenn man die Gehirnströme misst. "Kreatives Dösen" ist also ein fester Punkt auf meinem Tagesplan. Mit dem Ergebnis, dass mir drei neue Buchideen im Kopf rumspuken, sogar aus einem Genre, das ich noch nie geschrieben habe (und jetzt noch nicht verrate). 

Ich hoffe wirklich sehr, dass ich es schaffe, dieses Gefühl festzuhalten. Denn diese ganzen Erkenntnisse mögen noch so banal sein und altbacken - zu wissen, dass man sein Leben selbst in der Hand hat, ist eine Sache. Es zu fühlen, zu be-greifen, ist nicht selbstverständlich. Und ich hoffe, dass ich dieses Gefühl mit euch teilen kann. Ein bisschen am Nestrand rütteln, sozusagen.

Mittwoch, 11. Mai 2016

Gesund werden - Was mir gut tut



Heute, eine Woche nach meiner Bandscheiben-OP, habe ich mit meiner Mama einen Spaziergang im Criewener Lenné-Park gemacht. Und Eis gegessen. Ich fassees selbst nicht ganz , dass ich das schon wieder kann nach dem, was da an meiner Wirbelsäule rumgebastelt wurde. Doktor Gonzalez ist nicht nur ein toller Chirurg, er hat sich auch noch die Zeit genommen, mir ein paar sanfte Tai-Chi-Übungen zu zeigen und wie man richtig im Bett auf der Seite liegt. Trotz aller Besserung muss ich immer noch viel ausruhen, bloß nicht übermütig werden, die goldene Mitte treffen zwischen Bewegen und Heilen.

Das heißt also auch, mir was Gutes tun, an mich denken. Krankheit macht einen recht egoistisch, es tut mir leid, dass ich in diesem Jahr nicht die aufmerksame Freundin sein konnte, die ich sonst gerne sein möchte. Aber es ist auch mal schön, richtig verwöhnt zu werden. Und mir ist aufgefallen, dass ich bescheidener geworden bin, mich über Kleinigkeiten freuen kann, die mir vorher vielleicht zu selbstverständlich waren. Ein paar davon habe ich in meinen Gute-Laune-Kalender geschrieben. Jeden Abend muss ich etwas finden, das mich glücklich gemacht hat, egal, wie furchtbar der Tag oder wie schlecht gelaunt ich sonst war. Dass das ein Konzept aus der Psychotherapie ist, hab ich erst später erfahren, mir kam die Idee von einem meiner früheren Lieblingsbücher, in dem der Adoptivvater seine Tochter jeden Abend auffordert, ihm drei schöne Dinge zu nennen, die sie tagsüber gesehen hat. Später in diesem Kalender zu blättern, heitert mich genauso auf wie andere ihr Happy-Glas (auch eine tolle Strategie).

Was mich im Moment glücklich macht:
- Keine Schmerzen. Das sind im aufrechten Zustand nur ein paar Minuten, aber jeden Tag sind es mehr. Und ich schlafe wieder gut.
- Mein Bett! Das beste Bett der Welt, auch wenn es schon 18 Jahre alt ist und keine ergonomisch-schlagmichtot-Matratze hat.
- Sonne, die in mein Wohnzimmer fällt und mich wärmt.
- Barfuß sein. Kompressionsstrümpfe sind notwendig, aber die Pest, und es ist herrlich warm gerade - aber nicht zu warm.
- Der Duft nach frisch gemähtem Gras und Blüten. Der Frühling legt mit aller Kraft los und gibt  mir Auftrieb.


- Liebe Menschen: Familie und Freunde, die sich um mich sorgen und mir beistehen. Die sollten eigentlich an erster Stelle stehen, aber ich wollte absichtlich mit den Kleinigkeiten anfangen.
- Jetzt folgt das Zeug, das etwas mehr Geld braucht: Internetanschluss. So komme ich nämlich zu Youtube mit den ganzen schönen Nerd-Kanälen und zu meinem lieben Schreibnacht-Chat. Der Runde hab ich es zu verdanken, dass ich für mehrere Projekte neue Musik entdeckt habe, die mir sogar in meiner jetzigen Situation hilft.
- Schreiben, schreiben und immer wieder schreiben. Freitag ist wieder Schreibnacht. Am 13.! Das kann nur Glück bedeuten.

Montag, 18. April 2016

Schreiben ist Medizin oder: Hurra, mein Buch ist fertig

Stilecht stoße ich mit einem Eichstätt-Schnapsbecher auf das Buchende an

Ich hab lange überlegt, ob ich diesen Beitrag schreiben soll. Weil es mir schwer fällt, zuzugeben, wenn es mir mal nicht so gut geht. Aber die Alternative wäre, den Blog Woche um Woche verwaisen zu lassen. Und da der (sogenannte) Kinderfilm "Alles steht Kopf" gerade so anschaulich gemacht hat, dass wir nicht immer die Sonnenscheinchen sein müssen, möchte ich über das schreiben, was mich in diesen Wochen so beschäftigt - und was mich rettet.

Was ich nämlich in meinem ersten Blogeintrag des Jahres so lapidar als Hexenschuss bezeichnet habe, hat sich leider als ausgewachsener Bandscheibenvorfall entpuppt, auch genannt: "Was? In Ihrem Alter?" Nach drei Monaten erfolglosen Therapieversuchen muss jetzt wahrscheinlich doch operiert werden. Ich habe also viele Tage auf meinem Sofa verbracht und mit Schmerzen, kann momentan zwar jede Bewegung ausführen, aber nie sehr lange, mehr als eine halbe Stunde am Stück in aufrechter Position ist purer Stress für den ganzen Körper. Das ist sehr frustrierend und an manchen Tagen bleibe ich einfach gleich liegen und kann mich zu gar nichts aufraffen, weil es mir sinnlos erscheint. Existenzängste, dass mir sowas im zweiten Jahr meiner Selbständigkeit passiert, wo man doch nach der alten Formel drei Jahre braucht, um sich zu etablieren, kommen noch dazu. Gleichzeitig schelte ich mich dafür, so rumzujammern (und wenn auch meistens nur vor mir selbst - hoffe ich), weil es anderen Menschen viel schlechter geht. 

Zum Glück halten diese Depri-Attacken nicht zu lange an. Und selbst, wenn sie da sind, kann ich immer noch eines tun: schreiben. Gerade erst hat sich Harald Martenstein im "Zeit Magazin" geoutet, solch "dunkle Stunden" zu kennen, und sagt über das Schreiben als das einzige Verlässliche: "Es gibt diese eine Zone, in der du dich gut auszukennen glaubst, in der du dein Leben im Griff hast und wo dir nicht mal die Angst etwas anhaben kann. Wenn ich glaube, etwas Gutes geschrieben zu haben, bin ich eine Stunde lang zufrieden, richtig zufrieden". Sein letzter Satz ist: "Und dann geht alles wieder von vorne los." So schlimm ist es bei mir nicht, aber es sind wirklich immer die gleichen destuktiven Gedanken, die sich in den Kopf zurückschleichen, sobald ich nicht aufpasse.

"Schreiben ist Hühnersuppe für die Seele" ist ein anderer Spruch, den ich sehr mag. Wenn ich in der Überschrift Schreiben als Medizin bezeichne, meine ich gar nicht mal das "expressive Schreiben" als Heilmethode aus der Verhaltenstherapie. Davon hab ich keine Ahnung. Und ich weiß auch nicht, ob ich meine jetzige Situation unbewusst in meinem Vampirroman verarbeitet habe. Der war eigentlich von Vorneherein so blutig geplant, um sich von gewissen Romantasies abzugrenzen. Zum einen habe ich so viel geschrieben, weil das im Gegensatz zum Arbeiten am Computer super im Liegen funktioniert (ja, ich meine tatsächlich handschriftlich!). Zum anderen konnte ich vollkommen in meiner Geschichte verschwinden, mir keine Sorgen mehr machen um Andrea, sondern nur um Martin und wie er mit seiner neuen Daseinsforn klarkommt.


Zu hübsch darf das Notizbuch gar nicht sein, sonst traue ich mich nicht, reinzuschreiben

Sehr nützlich war mir dabei mal wieder das Schreibnacht-Forum, vor allem meine lieben "Anonymen Chatter", mit denen ich mich über die Charaktere austauschen und sie weiter vertiefen konnte. Die schwerste Phase war jetzt das Abtippen, weil ich dafür wieder aufrecht stehen musste, aber es stand ja niemand mit der Stoppuhr hinter mir. Gestern Abend habe ich endlich die letzte Zeile ins Dokument eingegeben (und ganz schnell drei Sicherheitskopien gemacht). Dann die Stereoanlage angemacht und mit meinem selbst zusammengestellten Soundtrack zum Buch gefeiert (im "Abspann" läuft für mich "Fugitive" von David Gray - macht euch Gedanken!). Nur das Tänzchen fiel aus.

Ist das Eskapismus? Und wenn? Manchmal hab ich das Gefühl, dieser Eskapismus ist das Einzige, was mich davon abhält, durchzudrehen. Wenn meine Realität momentan daraus besteht, rumzuliegen und auf Arzttermine zu warten, dann flüchte ich doch lieber in meine Fantasiewelt. Und komme gestärkt und gut gelaunt und energiegeladen daraus zurück. "No Pflock" mag zwar fertig sein (was es noch gar nicht ist, das Urteil der Testleser und das Lektorat stehen ja noch aus), aber drei weitere Projekte scharren schon mit den Hufen ...

Dienstag, 8. März 2016

Zum #Frauentag: Die Vorbilder meines Lebens

Ich möchte an diesem Internationalen Frauentag nicht über die großen Namen der Geschichte schreiben, die bahnbrechende Errungenschaften für die Rechte der Frau erkämpft und Grenzen überschritten haben. (Auch wenn ich gestern Abend ein sehr schräges Video auf einem meiner Youtube-Comedy-Kanäle entdeckte, wie junge Amerikaner unsere Kanzlerin und "mächtigste Frau der Welt" wahrnehmen.) Mir geht es hier und jetzt nicht um Politik, sondern um Frauen, die mein Leben beeinflusst haben, ganz persönlich.

Vorbilder ist das falsche Wort. Ich habe keine Vorbilder in dem Sinne, dass ich wie jemand sein möchte. Jeder Mensch muss seinen eigenen Weg finden, um mit sich zufrieden zu sein. Das heißt aber nicht, dass es nicht Menschen gibt, die ich bewundere für Charaktereigenschaften und Dinge, die sie getan haben.

Frauen, die mein Leben prägten - da steht natürlich ganz vorne meine Mutter, ganz klar. Manche Ratschläge, die sie mir gegeben hat, haben sich mir einfach eingebrannt, auch wenn sie sich selbst teilweise gar nicht mehr an diese Gespräche erinnert. Immer sehr geradeaus: "Na, dann geh doch nach Neuseeland!" Und in dem Kopf der Schülerin, die gerade von Fernweh lamentiert, macht es plötzlich "Plop" und ich begreife, dass mir nach dem Abi wirklich jeder Weg offen steht. (Den ich mir leisten kann, aber diese Ernüchterung hat den Aha-Moment nicht geschmälert.) Es ist eben ein Unterschied zwischen es intellektuell wissen und tatsächlich begriffen zu haben. Ebenso, wie es mir sehr viel bedeutet hat, als ich ihr jüngst sagte: "Ich weiß, euch wäre es lieber, ich hätte einen festen Job und regelmäßiges Einkommen" und sie antwortete: "Nein. Weil ich sehe, wie viel glücklicher du bist mit deiner Selbständigkeit."

Sehr beeindruckt hat mich im Alter von 14 die Begegnung mit Chris in der Wildnis von British Columbia. Eine Biologin, die dort allein in einem selbstgebauten Holzhaus wohnte, das nur per Wasserflugzeug oder zu Fuß zu erreichen war. Sie erforschte die kanadische Tierwelt, führte kleine Gruppen Naturinteressierter über die Berge, zeichnete, schrieb auf ihrem solarbetriebenen Computer und backte wunderbares Brot in ihrem Holzofen. Jahre später habe ich sie mal gegoogelt, um überhaupt ihren Nachnamen zu erfahren, und eines ihrer Bücher gekauft. Wer mal richtig Fernweh kriegen will, muss sich nur ihren Blog anschauen!

Diese Kanada-Reise mit meinem Vater brachte mir die Begegnung mit einer zweiten tollen Frau ein: unserer Reiseleiterin Angelika. Sie war eine der ersten Berufs-Busfahrerinnen von Deutschland, auch wenn der Fahrprüfer sie wegen eines angeblichen Rechts-vor-Links-Vergehens durch die erste Prüfung rasseln ließ: "Der Fuß gehört auf die Bremse und eine Frau nicht hinter das Steuer eines Busses." Sie zwang mich, für den Rest der Gruppe die Übersetzerin zu spielen und mein Englisch zu üben, brachte mir das kraftsparende Laufen bei und organisierte am Ape Lake ein Boccia-Spiel mit runden Steinen. Sechs Jahre lang schrieben wir uns nach der Tour noch Briefe, und 2002 schloss ich mich wieder einer ihrer Reisegruppen an, diesmal ab anderen Ende der Welt, in Neuseeland.

Mein Leben wäre wahrscheinlich ganz anders verlaufen, hätte mich nicht kurz vor meinem 15. Geburtstag eine Elli Radinger angerufen. Sie hatte eine Kurzgeschichte von mir auf der Kinderseite unserer Zeitung gelesen und fragte, ob sie sie im "Wolf Magazin" drucken dürfe.  Das war der Beginn einer wunderbaren Zusammenarbeit, die bis heute andauert: Anfangs schrieb ich Kurzgeschichten und Buchrezensionen, später groß angelegte Reportagen. Elli vermittelte mir den Kontakt zu Werner Freund, 2006 führte sie mich durch den Yellowstone Nationalpark auf Wolfbeobachtungstour für meine Diplompraxisarbeit. Allein ihre Biografie zu lesen, hat mich wohl langfristig dazu inspiriert, mich selbständig zu machen, obwohl sie eine derjenigen war, die mich am deutlichsten auf die Gefahren hinwies. Danke, meine Liebe!


Es gibt noch viele starke Frauen, die mein Leben begleitet haben (meine Deutschlehrerin Frau Stein, die Goethe vom Sockel holte und die ansteckendste Lache der Welt hat; Maria Held, meine Patin im Journalistik-Studium mit "Arbeitskaffee" und den ermutigendsten Wünschen zum Diplom; Agathe Kunze, mit 91 Jahren eine brilliante Zeitzeugin für meine Diplomarbeit, die mich während meiner Zeit in Stuttgart regelmäßig zur "Veschper" mit intellektuellen Diskussionen einlud, und viele andere). Und es kommen immer wieder neue hinzu, wie meine liebe Kollegin, die Textehexe, die mir den Start in die Selbständigkeit sehr erleichtert hat und großzügig ihre Erfahrung mit mir teilt. (Ich freu mich auf einen Zwergenschnaps in Leipzig!) Ihnen allen möchte ich auf diesem Weg vielen, vielen Dank sagen. Ihr seid klasse! Ich hoffe, ich kann irgendwann auch mal für ein Greenhorn so eine große Stütze sein.


Freitag, 5. Februar 2016

Gekaufte Rezensionen: Ein Appell an Selfpublisher

Eine Bloggerin schreibt über Selfpublisher und ihre Werke, führt kleine Interviews mit ihnen und verlinkt auf die Verkaufsseite. Toll! Immer wieder finden sich echte Schätze unter den Massen an selbstveröffentlichten Büchern. Der überforderte Leser kann jede Hilfe brauchen, sie auszugraben. Und auch diejenigen, die sich um gute Qualität in einem völlig offenen Markt bemühen. Vor allem, weil der Streit, ob Verlage das einzig Wahre sind, immer noch andauert.

Wie bitte? Die Bloggerin nimmt 15 bis 18 Euro für eine Autorenvorstellung? Von dem Autor selbst? Das ist kein Geheimnis, es steht ganz oben über der Liste mit Namen (zum Teil klein geschrieben), direkt bei dem "<3". Herzig, genau. Das sind die Interviews: Erinnern ein bisschen an Schülerzeitung, tun nicht weh. Rezensionen soll es wohl auch bald geben, aber noch führt der Link ins Leere. Ich bin mal gespannt, ob da früher oder später auch mal ein Verriss von einem Buch auftaucht, mit dessen Autor die Bloggerin so nett (und gegen Geld) geplaudert hat.

Man kann ihr nicht mal Irreführung vorwerfen, sie bietet ihre Dienste ja ganz öffentlich an. (Und nein, ich setze hier nicht den Link. Ich nenne keine Namen. Ich sage nicht, wie ich auf sie stieß. Ich stelle niemanden bloß, der sich nicht angesprochen fühlt.) Aber das heißt in meinen Augen auch, dass sich diese Dame kein einziges Mal Gedanken gemacht hat, was journalistische Verantwortung bedeutet. Zumindest hoffe ich das, sonst wäre es noch schlimmer. Kein Wunder, diese Verantwortung vergessen ja auch professionelle Journalisten öfter im Eifer des Gefechts. Aber diese Bloggerin bewegt sich online, sie bedient ein Medium (auch wenn es ihr eigenes ist), vielleicht hat sie Leser, die ihrem Urteil vertrauen. Realisieren diese Leser immer, dass sie gekaufte Inhalte lesen?

In meiner Heimatstadt sprechen viele Leute vom Anzeigenblatt als "Zeitung". Sie müssen nicht mehr die Tageszeitung abonnieren, weil ihnen in ihren Augen das Wichtigste ja auch so sonntäglich kostenlos ins Haus flattert. Dass die Inhalte dieses Anzeigenblatts nur deshalb diese Qualität besitzen, weil es sich bei der im gleichen Verlag erscheinenden Tageszeitung bedienen darf, daran denken sie nicht. Geht die Zeitung eines Tages aus Lesermangel ein, wird auch die Qualität des Anzeigenblatts abstürzen. Nun ist ein Anzeigenblatt als solches gekennzeichnet - trotzdem machen sich die Leser keine Gedanken, was das bedeutet: Ein Anzeigenkunde nimmt Einfluss. Er möchte nicht neben einem kritischen Artikel erscheinen, selbst dann nicht, wenn es nicht um ihn geht.

Ein Verlag ist ein privatwirtschaftlich geführtes Unternehmen, das von den Anzeigenkunden fast ebenso abhängig ist wie vom Leser - ein gutes Drittel seiner Umsätze macht er mit ihnen. Das ist schon ein ganzes Stück weniger als noch vor fünf Jahren, aber das bedeutet leider nicht, dass Zeitungen sich dann wieder mehr dem Leser verpflichtet fühlen. Vielmehr werden die Redaktionen immer weiter zusammengespart, immer weniger Leute müssen unter immer mehr Zeitdruck Seiten füllen - und greifen dann auch mal auf einen Agenturtext zurück, der - Überraschung! - von einem bestimmten Kunden bezahlt wurde. Und manchmal - ich hab es selbst erlebt - wird der Journalist losgeschickt für einen eindeutigen Anzeigentext. Das war nach den Medienethik-Seminaren in Eichstätt durchaus ein Kulturschock.

Der Streit um die Unabhängigkeit der Redaktionen ist so alt wie meine Branche. "Wie kann ein Blatt dem öffentlichen Interesse dienen, das gleichzeitig über den Inseratenteil jedem zahlungsfähigen Privatinteresse zur Verfügung steht?", schrieb Erich Schairer schon 1929 in seinem Jahrbuch der Sonntags-Zeitung, kurz nachdem ihm das Kunstück geglückt war, sämtliche Anzeigen aus seinem Blatt zu verbannen. Das Internet bietet nun ganz neue und fantastische Möglichkeiten, sich von eben jenen Privatinteressen frei zu machen. Die Krautreporter scheinen ganz gut zu fahren mit ihrem Crowdfunding-Qualitätsjournalismus, und sie sind da nicht die Einzigen.

Und auf der anderen Seite öffnet das Internet die Türen für Leute wie besagte Bloggerin, die sich fröhlich für - letztlich journalistische - Inhalte bezahlen lässt. Vor Jahren machte ich ein Praktikum im Reisejournalismus, der wie kaum ein anderer Bereich der Gefahr der Korruption ausgesetzt ist. Ein Kollege sagte ganz offen: Er veröffentlicht alles, solange der Preis stimmt. Und auch die Veranstalter der Pressereise müssten noch einiges abdrücken, wenn er über sie schreiben soll. Und dieses T-Shirt da will er auch umsonst. Macht es das besser, dass er so offen damit umgeht? Nein!

Wer im Netz mit welchen Interessen was schreibt, ist unglaublich schwer nachzuvollziehen. Zeitungen werden wenigstens kontrolliert und notfalls vom "zahnlosen Tiger" gerügt. Ich will nicht, dass das Internet zu stark kontrolliert wird. Aber jeder Nutzer sollte sich bewusst sein, dass er nicht alles für bare Münze nehmen darf. Selbst wenn nicht offensichtlich Interviews verkauft werden, gibt es Gemauschel. Gekaufte oder getauschte Rezensionen bei Amazon sind schon lange ein Streitthema unter Selfpublishern. Ich habe natürlich auch schon die Bücher meiner Freunde positiv bewertet und bin dabei vielleicht nicht sonderlich objektiv. Aber sie gefallen mir wirklich und ich habe dafür keine Gegenleistung bekommen. Gefällt mir eines nicht, sag ich das der Freundin unter vier Augen und halte sonst die Klappe.

Aber sich Rezensionen zu kaufen ist nichts anderes als rücksichtslos.Ich kann diesen Menschen nichts anderes unterstellen als selbstsüchtige Motive. Wer so etwas tut, schreibt nicht aus Liebe zur Kunst, zum Thema oder zum Leser, sondern allein, um sich zu bereichern. Und auch wenn ich selbst jemand bin, der vom Schreiben lebt (und auch Corporate Publishing anbietet, was ich aber sehr genau trenne), kann ich das nur verachten. Deshalb bleibt auch mein böses Magendrücken, wenn Buchblogger nicht frei und ehrlich ihre Meinung schreiben, sondern sich einem Autorenkunden verpflichtet fühlen, und sei es nur unbewusst. Wer allein zu Hause vor seinem Computer sitzt, sollte eben selbst auf die Trennung von Redaktion und Anzeigen achten.

P.S. So kann man übrigens gekaufte Rezensionen eventuell erkennen

Freitag, 15. Januar 2016

Neues Jahr und Hexenschuss

Ja, was ist denn das? Weihnachten ging vorbei und kein Beitrag von mir, Silvester ... Da war ich auf einer Rollenspiel-Convention in anderen Welten vergraben. Jetzt wollte ich mit einem, genialen Beitrag das Jahr 2016 einläuten, stolz verkünden: I'm back! Leider ist es mehr zu "My back" geworden (ein Witz, den nur versteht, wer Spiderman 2 auf Englisch gesehen hat). Vielleicht ist es eine Spätfolge des euphorischen Bücherkistenschleppens, jedenfalls habe ich bösartigste Rückenschmerzen und kann kaum eine Viertelstunde am Stück am Schreibtisch sitzen. Das wäre eine gute Gelegenheit für eine Klage über die Verteilung von Fachärzten in Brandenburg. Angeblich sind wir sogar überversorgt. Aber wenn ich anrufe mit: "Kann mich kaum bewegen und mein Bein ist taub" und bekomme zurück: "In drei Wochen können wir Sie dazwischenschieben", hört sich das für mich nicht so an. Aber ich bin gerade zu müde für Politik. Und hab zum Glück Berlin in relativer Nähe, wo ein Orthopäde noch die Kapazität hat, einen Notfall als Notfall zu behandeln. Aber erstmal bleibt mir nur übrig, auf den MRT-Termin zu warten und Tee zu trinken (danke, Mr. Rickman, für all die großartigen Momente). Bald scheint auch wieder die Sonne!