Fast ein Monat seit meinem letzten Blogeintrag - der ausgerechnet darum ging, sich als Schreiberling in den Hintern zu treten und was geschafft zu kriegen. Süße Ironie - oder bittere? Als ich im April 2014 mit diesem Blog gestartet bin, hatte ich mir vorgenommen, jede Woche was zu posten und hab das immerhin grandiose zwei Monate durchgehalten. Es ist nicht mal so, dass mir keine Themen einfallen, aber weil ich den Anspruch habe, mehr zu schreiben als "Ich bin noch da und heute ist schönes Wetter", muss ich ein bisschen Gehirnschmalz und Kreativität in meine Texte stecken. Und je besser es mit meiner Selbständigkeit läuft (Kurze Werbeeinblendung: Journalismus, Lektorat und Umweltpädagogik), desto mehr muss ich diese beiden wertvollen Ressourcen unter meinen Tagesaufgaben aufteilen.
Also ist das nur eine etwas ausführlichere Art, um zu sagen: Keine Ahnung, was ich heute schreiben soll? Ups, erwischt! Aber je länger ich meinen Blog verwaist lasse, desto größer wird mein schlechtes Gewissen. Vor allem, wenn mein treuer Fan - meine Schwester - mich so ziemlich bei jedem Telefonat fragt, wann wieder was Neues kommt.
Es ist schön, seine Leser persönlich zu kennen. Das ist das, was ich auch am Lokaljournalismus mag: Zwar besteht die Gefahr, dass du als jemand, der in der Stadt lebt, über die er schreibt, voreingenommen ist. Andererseits schadet es garantiert nicht dem journalistischen Verantwortungsgefühl, wenn man am nächsten Tag dem Menschen auf der Straße begegnet, den man gerade verrissen hat. Und am Tag darauf und am Tag darauf.
Durch die Verknüpfung über Social Media wird plötzlich die ganze Welt zum berüchtigten Dorf, und manchmal mache ich mir Gedanken um den Druck, der dadurch entsteht - auch bei mir. Ich freue mich über Freundschaftsanfragen bei Facebook und finde Vernetzung wichtig. Außerdem habe ich so schon viele tolle Leute kennengelernt, wie zum Beispiel meine Lektoratspartnerin "Textehexe". Aber manchmal muss ich mich daran erinnern, wessen Meinung mir eigentlich wichtig sein sollte: die der Menschen, die mit mir durchs Leben gehen, bei denen ich zu spontanen Aufheiterungs-Pfannkuchen (für die Brandenburger: Eierkuchen) vorbeikommen und die ich noch nachts um halb zwei anrufen kann, wenn es mir schlecht geht. Und weniger die der "Community" mit ihren undurchdringlichen Motiven. Aber solange ich selbst eine meiner geliebten Schreibnächte sausen lasse, um lieber spontan mit einer Freundin an die Ostsee zu fahren, bin ich wohl noch nicht internetsüchtig.
Ich gehöre noch zur Generation, die nicht mit dem Internet aufgewachsen ist. Das erste Mal war ich mit ... 15 oder so online, im Internetcafé unserer Schule. Eine Freundin wollte mir zeigen, wie lustig es ist, in Chatrooms Leute zu veralbern. Wir gaben uns also als heiße Schnecken im kleinen Schwarzen aus, flirteten mit einem Kerl und lachten sehr viel, bis der plötzlich schrieb: "Ja, schon klar, Andi. Wir sehen uns gleich im Unterricht." Von der anderen Seite des Raums grinste uns eine dritte Freundin an - die uns gerade ganz schön hochgenommen hatte. Das hat sich bei mir sehr eingeprägt: Niemand stellt online den dar, der er wirklich ist.
Einmal bin ich in einem Forum wegen meiner "Reality first" und "Ich kenn euch doch nicht wirklich"-Einstellung angefeindet worden. Nochmal: Sicher kann man online wundervolle Freunde finden. Aber ich denke, an irgendeinem Punkt ist es doch schön, wenn man den Schritt weitergeht und Leute dann persönlich kennenlernt. (Aber bitte vorsichtig. Ladet NICHT wildfremde Männer zu euch nach Hause ein, wenn eure Eltern nicht da sind, wie ... Bitte nicht!) Mittlerweile gab es schon ein Schreibnacht-Treffen in Berlin und wir wollen das demnächst mit einem Picknick fortsetzen. Da freue ich mich schon sehr drauf.
P.S. Eine Meinung, die mir auch wichtig ist, obwohl ich die Person nur vom Telefon und aus Emails kenne, ist die meiner Lektoratskunden. Gerade gestern hat die Autorin meines aktuellen Auftrags einen ganz süßen Blogeintrag geschrieben über ihre persönliche Erfahrung mit dem ersten Abschnitt meiner Anmerkungen. Es ist wunderbar, in die Haut des anderen zu schlüpfen und seine Sicht auf die eigene Arbeit zu erleben. Das stärkt auch das Verantwortungsgefühl: Das ist ein Mensch, der mir sein "Baby" anvertraut. Entsprechend liebevoll, wenn auch streng, muss ich das Manuskript behandeln.